6 Gründe für die Anfechtung einer Betriebsratswahl

Artikel Inhalt

Betriebsratswahlen sind fehleranfällig, weil bei den Wahlen eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften einzuhalten sind. Wir zeigen Ihnen 6 Fehler, die eine Betriebsratswahl anfechtbar machen.

Viele Betriebsratswahlen verlaufen fehlerhaft. Grund dafür ist das komplizierte Wahlrecht. Bei einer Betriebsratswahl sind eine Vielzahl gesetzlicher Vorschriften und Formalien einzuhalten. Fehler bei der Durchführung einer Betriebsratswahl können gravierende Folgen haben. Sie können zur Anfechtung der gesamten Wahl führen. Wird eine Betriebsratswahl mit Erfolg angefochten, wird der Betriebsrat vom Arbeitsgericht aufgelöst.

Neben vielen anderen können insbesondere die folgenden Fehler zur Anfechtung einer Betriebsratswahl führen:

Nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe des Wahlausschreibens

Eine wichtige Bedeutung für eine Betriebsratswahl hat das Wahlausschreiben. Das Wahlausschreiben enthält alle wichtigen Daten zur Betriebsratswahl, z.B. die Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen und Ort, Tag und Uhrzeit der Stimmabgabe. Es ist deshalb besonders wichtig, dass alle Arbeitnehmer des Betriebs den Inhalt des Wahlausschreibens zur Kenntnis nehmen können. Aus diesem Grund muss das Wahlausschreiben so im Betrieb ausgehängt werden, dass es allen Wahlberechtigten zugänglich ist. Besteht ein Betrieb aus mehreren Betriebsstätten, muss in jeder Betriebsstätte eine Kopie des Wahlausschreibens ausgehängt werden. Bei einem Verstoß gegen diese Vorgaben ist die Betriebsratswahl in der Regel anfechtbar.

Nicht ordnungsgemäße Unterrichtung ausländischer Arbeitnehmer über die Wahl

Selbstverständlich sind ausländische Arbeitnehmer genauso wie deutsche Arbeitnehmer berechtigt, sowohl passiv als Wähler als auch aktiv als Kandidaten an den Betriebsratswahlen teilzunehmen. Nicht immer beherrschen ausländische Arbeitnehmer jedoch die deutsche Sprache. Damit aber auch ausländische Arbeitnehmer, die die deutsche Sprache nicht beherrschen, an der Betriebsratswahl teilnehmen können, schreibt das Gesetz vor, dass diese Arbeitnehmer in geeigneter Weise über die Wahl zu informieren sind. Werden ausländische Arbeitnehmer nicht entsprechend informiert, kann die Betriebsratswahl allein aus diesem Grund anfechtbar sein.

Unzulässige Wahlbeeinflussung durch den Arbeitgeber

Das Ergebnis einer Betriebsratswahl soll allein auf der freien Entscheidung der Wähler beruhen. Das  Betriebsverfassungsgesetz verbietet deshalb ausdrücklich jede Beeinflussung der Betriebsratswahl, sei es durch die Androhung von Nachteilen oder die Gewährung von Vorteilen. Die Gefahr einer unzulässigen Wahlbeeinflussung besteht insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber sich in die Wahl einmischt. Der Arbeitgeber darf deshalb z.B. nicht mit Nachteilen für den Fall drohen, dass die Wähler für eine bestimmte Vorschlagsliste (z.B. die Gewerkschaftsliste) stimmen. Dem Arbeitgeber ist auch jede Wahlwerbung und finanzielle Unterstützung von Wahlkandidaten oder Vorschlagslisten untersagt. Verstößt der Arbeitgeber gegen das Verbot der unzulässigen Wahlbeeinflussung, ist die Betriebsratswahl grundsätzlich anfechtbar.

Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlkandidaten

Bei jeder Betriebsratswahl ist das Gebot der Chancengleichheit der Wahlbewerber  zu beachten. Jeder Wahlbewerber soll die gleiche Chance im Wettbewerb um die Wählerstimmen und deshalb die gleichen Möglichkeiten im Wahlkampf und im Wahlverfahren haben. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit liegt z.B. dann vor, wenn der Wahlvorstand während des laufenden Wahlverfahrens einzelnen Wahlbewerbern Einsicht in die mit Stimmabgabevermerken versehene Wählerliste gewährt. Denn dadurch wird diesen Wahlbewerbern die Möglichkeit eröffnet, gezielt auf Wahlberechtigte zuzugehen, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben und von denen sie sich eine für sie günstige Stimmabgabe erhoffen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber kann zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen.

Generelle Zulassung der Briefwahl

Das Betriebsverfassungsgesetz sieht vor, dass die Wähler ihre Stimme grundsätzlich persönlich vor Ort im Wahllokal abzugeben haben. Nur in Ausnahmefällen ist eine schriftliche Stimmabgabe per Briefwahl möglich. Ordnet ein Wahlvorstand eine generelle Briefwahl an, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der persönlichen Stimmabgabe vor. Die Betriebsratswahl kann in einem solchen Fall angefochten werden.

Fehlerhafte Zusammensetzung des Wahlvorstands

Eine Betriebsratswahl wird vom so genannten Wahlvorstand organisiert. Der Wahlvorstand ist verantwortlich für die Einleitung und Durchführung der Wahl. Er wird grundsätzlich von dem bestehenden Betriebsrat bestellt und besteht in der Regel aus drei wahlberechtigten Arbeitnehmern.

Bei der Bestellung des Wahlvorstandes können dem Betriebsrat Fehler unterlaufen. Fehlerhaft ist die Bestellung des Wahlvorstandes z.B. dann, wenn eine Person zum Mitglied des Wahlvorstandes bestellt wird, die gar kein wahlberechtigter Arbeitnehmer des Betriebs ist. Oder wenn mehr als drei Personen in den Wahlvorstand bestellt werden, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder gar nicht vorliegen.

Fehler bei der Zusammensetzung des Wahlvorstandes machen die Betriebsratswahl anfechtbar. Grund dafür ist, dass die Entscheidungen des Wahlvorstandes den Ausgang der Wahl beeinflussen können. Denn der Wahlvorstand entscheidet z.B. über den Zeitpunkt der Durchführung der Wahl, die Orte für die Auslage der Wählerlisten und der Wahlordnung, den Aushang der Wahlvorschläge sowie über Ort, Tag und Zeit der Stimmabgabe. Da der Wahlvorstand bei vielen Entscheidungen aber einen Ermessensspielraum hat, ist nicht auszuschließen, dass er andere Entscheidungen getroffen hätte, wenn er personell anderes besetzt gewesen wäre. Dann kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Betriebsratswahl bei einer anderen Zusammensetzung des Wahlvorstands zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

Das könnte Dich ebenfalls interessieren:

Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

Kluge(r) Bestseller!

Betriebsrat für Aufsteiger – Das wichtigste Betriebsrat-Wissen
von Dr. jur. Henning Kluge

Das wichtigste Betriebsrat-Wissen – kompakt und leicht verständlich dargestellt auf 241 Seiten. Mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis.

Aus dem Inhalt:

Oder versandkostenfrei direkt bei uns bestellen:

Muster & Vorlagen

Hier finden Sie eine umfangreiche Sammlung mit über 150 Mustern & Vorlagen für Ihre Betriebsratsarbeit.

Kluge(r) Tipp! Kostenlos!

Kostenloses eBook
„Rechte & Pflichten der Betriebsratsmitglieder“
von Dr. jur. Henning Kluge

Erhalte kostenlos unser eBook „Rechte & Pflichten der Betriebsratsmitglieder“ als Dankeschön, wenn Du unseren Newsletter abonnierst.
Wir behandeln Deine E-Mail streng vertraulich und geben sie nicht an Dritte weiter!