Der Wirtschaftsausschuss

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Der Wirtschaftsausschuss ist ein Hilfsorgan des Betriebsrats. Er hat die Aufgabe, sich vom Unternehmer (Arbeitgeber) über die wirtschaftlichen Angelegenheiten informieren zu lassen, diese mit ihm zu beraten und anschließend den Betriebsrat zu unterrichten. Anders als der Betriebsrat hat der Wirtschaftsausschuss keine eigenen Mitbestimmungsrechte. Bei Streitigkeiten mit dem Unternehmer muss er immer den Betriebsrat einschalten.

Bildung des Wirtschaftsausschusses

Nach § 106 Abs. 1 BetrVG ist in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Die Bildung des Wirtschaftsausschusses ist Aufgabe des Betriebsrats bzw. des Gesamtbetriebsrats und vom Gesetz zwingend vorgeschrieben. Bildet der Betriebsrat keinen Wirtschaftsausschuss, obwohl im Unternehmen mehr als einhundert Arbeitnehmer ständig beschäftigt sind, kann dies eine grobe Pflichtverletzung darstellen, die sogar zur Auflösung des Betriebsrats führen kann. Der Betriebsrat hat jedoch nach § 107 Abs. 3 BetrVG die Möglichkeit, auf die Bildung eines Wirtschaftsausschusses zu verzichten und dessen Aufgaben einem besonderen Ausschuss des Betriebsrats zu übertragen. Dafür ist ein Betriebsratsbeschluss mit absoluter Mehrheit erforderlich.

In kleineren Unternehmen mit bis zu einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern kann kein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. Wird die Schwelle von einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern nicht überschritten, stehen dem Betriebsrat auch die Rechte eines Wirtschaftsausschusses (insbesondere das Unterrichtungsrecht nach § 106 Abs. 2 BetrVG) nicht selbst zu. Eine Ausnahme gilt lediglich für den Fall einer Übernahme des Unternehmens (§ 109a BetrVG). Allerdings können sich für den Betriebsrat in kleineren Unternehmen entsprechende Unterrichtungsrechte aus § 80 Abs. 2 BetrVG ergeben.

Der Wirtschaftsausschuss wird für das gesamte Unternehmen gebildet. Auch wenn ein Unternehmen aus mehreren Betrieben besteht, wird also nur ein Wirtschaftsausschuss gebildet. Es wird nicht für jeden Betrieb ein eigener Wirtschaftsausschuss gebildet.

Die Bildung des Wirtschaftsausschusses erfolgt durch die Bestellung seiner Mitglieder. Der Wirtschaftsausschuss besteht aus mindestens drei und höchstens sieben Mitgliedern (§ 107 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Innerhalb dieses Rahmens kann der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) die genaue Zahl der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses frei bestimmen. Es ist auch eine gerade Mitgliederzahl möglich. Mindestens ein Mitglied des Wirtschaftsausschusses muss auch Mitglied des Betriebsrats sein. Die übrigen Mitglieder des Wirtschaftsausschusses müssen keine Betriebsratsmitglieder sein. Sie müssen nur dem Unternehmen angehören. Auch leitende Angestellte können zu Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses bestellt werden.

Bestellung der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses werden in Unternehmen mit nur einem Betrieb vom Betriebsrat bestellt (§ 107 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Die Bestellung erfolgt durch einen entsprechenden Beschluss des Betriebsrats mit einfacher Stimmenmehrheit. Dabei ist über jedes Mitglied einzeln abzustimmen.

In Unternehmen mit mehreren Betrieben mit Betriebsrat werden die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vom Gesamtbetriebsrat bestellt (§ 107 Abs. 2 Satz 2 BetrVG).

Wenn in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben nur ein Betrieb einen Betriebsrat hat, bestellt dieser die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses.

Besteht in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben mit Betriebsrat kein Gesamtbetriebsrat, kann nach herrschender Meinung kein Wirtschaftsausschuss gebildet werden. In einem solchen Fall muss zunächst ein Gesamtbetriebsrat errichtet werden (§ 47 Abs. 1 BetrVG).

Nach § 107 Abs. 1 Satz 3 BetrVG sollen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche “fachliche und persönliche Eignung” besitzen. Der Betriebsrat hat bei der Beurteilung der Frage, ob eine Person die erforderliche Eignung besitzt, einen relativ großen Ermessensspielraum. Nach der gesetzlichen Formulierung sollen die Mitglieder auch nur die erforderliche Eignung besitzen, das heißt sie müssen diese nicht zwingend besitzen.

Amtszeit der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses

Die Amtszeit der von einem Betriebsrat bestellten Mitglieder des Wirtschaftsausschusses entspricht der Amtszeit des Betriebsrats. Sie endet, wenn die Amtszeit des Betriebsrats endet. Sind die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vom Gesamtbetriebsrat bestellt worden, richtet sich die Amtszeit nach der Amtszeit der Mehrheit der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats. Die Amtszeit der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses endet, wenn die Amtszeit der Mehrheit der Mitglieder des Gesamtbetriebsrats abgelaufen ist.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses können aber durch einen entsprechenden Beschluss des Betriebsrats (Gesamtbetriebsrats) ohne einen besonderen Grund jederzeit abberufen werden (§ 107 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Außerdem kann jedes Mitglied des Wirtschaftsausschusses seine Amtszeit dadurch beenden, dass es sein Amt niederlegt. Auch dies ist jederzeit und ohne besonderen Grund möglich.

Wenn ein Mitglied des Wirtschaftsausschusses aus dem Betriebsrat ausscheidet, endet automatisch auch dessen Mitgliedschaft im Wirtschaftsausschuss.

Rechte und Pflichten der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses

Die Tätigkeit der Mitglieder des Wirtschaftsausschusses ist ehrenamtlich. Sie haben wie die Mitglieder des Betriebsrats einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts (entsprechende Anwendung der §§ 37 Abs. 2 und 3 BetrVG).

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses haben keinen besonderen Kündigungsschutz wie Betriebsratsmitglieder nach § 15 Kündigungsschutzgesetz. Sie haben jedoch einen abgeschwächten besonderen Kündigungsschutz über § 78 BetrVG. Nach dieser Vorschrift dürfen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses wegen ihrer Tätigkeit im Wirtschaftsausschuss nicht benachteiligt werden. Eine vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds des Wirtschaftsausschusses ist deshalb unwirksam, wenn sie wegen dessen Tätigkeit im Wirtschaftsausschuss erfolgt.

Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses sind nach § 79 Abs. 1 und 2 BetrVG verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die ihnen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Wirtschaftsausschuss bekannt werden und vom Arbeitgeber ausdrücklich als geheimhaltungsbedürftig bezeichnet worden sind, geheim zu halten.

Aufgaben des Wirtschaftsausschusses

Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, die Zusammenarbeit und Information zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat in wirtschaftlichen Angelegenheiten zu fördern. Die Unterrichtungspflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Wirtschaftsausschuss sind den Beteiligungsrechten des Betriebsrats zeitlich vorgeschaltet. Arbeitgeber und Wirtschaftsausschuss sollen die Fragen der Unternehmenspolitik frühzeitig besprechen, noch bevor die Unterrichtungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats eingreifen.

Der Wirtschaftsausschuss wird vom Arbeitgeber über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unterrichtet. Er hat die Informationen entgegenzunehmen und die wirtschaftlichen Angelegenheiten mit dem Arbeitgeber zu beraten. Dabei kann der Wirtschaftsausschuss auch eigene Vorschläge in die Beratungen einbringen.

Der Wirtschaftsausschuss hat anschließend den Betriebsrat über alle vom Arbeitgeber erhaltenen Informationen und über das Ergebnis der Beratungen unverzüglich und vollständig zu unterrichten. In Unternehmen mit mehreren Betrieben mit Betriebsrat hat diese Unterrichtung gegenüber dem Gesamtbetriebsrat zu erfolgen, wenn die Angelegenheit in dessen Zuständigkeitsbereich fällt. Ist dies nicht der Fall, ist der jeweilige Betriebsrat zu unterrichten.

Nicht zu den Aufgaben des Wirtschaftsausschusses gehört das Fassen von förmlichen Beschlüssen. Der Wirtschaftsausschuss hat nur eine beratende und unterrichtende Funktion. Die Beschlussfassung bleibt dem Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) vorbehalten.

Sitzungen des Wirtschaftsausschusses

Die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses sollen nach § 108 Abs. 1 BetrVG einmal im Monat stattfinden. Da es sich hierbei lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt, können die Sitzungen auch in kürzeren oder längeren Abständen stattfinden. Die Häufigkeit der Sitzungen sollte letztlich davon abhängen, inwiefern Beratungsbedarf besteht.

Zweck der Sitzungen des Wirtschaftsausschusses ist die Entgegennahme der Informationen des Unternehmers über die wirtschaftlichen Angelegenheiten und die Beratung mit dem Unternehmer.

Die Sitzungen des Wirtschaftsausschusses finden grundsätzlich während der Arbeitszeit statt. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses sind für die Teilnahme an den Sitzungen von ihrer Arbeitspflicht unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts freizustellen.

Die Organisation und der Ablauf der Sitzungen des Wirtschaftsausschusses ist gesetzlich nicht geregelt. Insbesondere ist auch nicht die Wahl eines Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses vorgeschrieben, der zu den Sitzungen einlädt und diese leitet. Die Wahl eines Vorsitzenden ist aber dennoch möglich und häufig auch zweckmäßig.

Hinsichtlich der Geschäftsführung des Wirtschaftsausschusses sind ansonsten – soweit erforderlich – die Grundregeln über die Geschäftsführung des Betriebsrats entsprechend anzuwenden.

Der Zeitpunkt der Sitzungen des Wirtschaftsausschusses ist mit dem Unternehmer abzustimmen.

Die Erstellung einer Tagesordnung ist nicht unbedingt erforderlich. Die in der Sitzung zu behandelnden Themen richten sich nach den Gegenständen, über die der Unternehmer von sich aus unaufgefordert zu unterrichten hat.

Auch die Erstellung einer Sitzungsniederschrift ist nicht unbedingt erforderlich.

Nach § 108 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist der Unternehmer oder sein Vertreter verpflichtet, an den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses teilzunehmen. Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift ist bei einer Einzelfirma der Inhaber. Bei juristischen Personen gilt der gesetzliche Vertreter bzw. ein Mitglied des gesetzliche Vertretungsorgans als Unternehmer (bei einer GmbH z.B. der Geschäftsführer, bei einer AG ein Vorstandsmitglied). Als Vertreter des Unternehmers gilt eine Person, die in der Betriebshierarchie an nächster Stelle steht und in der Lage ist, den Wirtschaftsausschuss über die wirtschaftlichen Angelegenheiten umfassend zu informieren. Die Entsendung irgendeines Vertreters (z.B. eines Sachbearbeiters, eines Rechtsanwalts) ist unzureichend.

Nimmt weder der Unternehmer noch ein geeigneter Vertreter an der Sitzung des Wirtschaftsausschuss teil, kann dies eine grobe Pflichtverletzung darstellen. Der Betriebsrat kann die Teilnahme des Unternehmers oder eines geeigneten Vertreters dann gerichtlich durchsetzen.

Der Unternehmer kann zu den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses sachkundige Arbeitnehmer des Unternehmens hinzuziehen.

Wenn der Wirtschaftsausschuss seine Aufgabe wegen fehlender eigener Fachkenntnisse ohne die Beratung durch einen Sachverständigen nicht ordnungsgemäß erfüllen kann, kommt die Hinzuziehung eines Sachverständigen auf Kosten des Unternehmers in Betracht. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses nach dem Willen des Gesetzgebers im Regelfall selbst über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen sollen, so dass die Hinzuziehung eines Sachverständigen eher die Ausnahme sein sollte. Die Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Wirtschaftsausschuss setzt in jedem Fall eine entsprechende vorherige Vereinbarung mit dem Unternehmer voraus.

An den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses kann ein Beauftragter einer im Betriebsrat vertretenen Gewerkschaft teilnehmen, wenn ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats (Gesamtbetriebsrats) dies beantragt oder ein entsprechender Beschluss des Betriebsrats (Gesamtbetriebsrats) vorliegt.

Der Arbeitgeber kann zu den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses seinerseits einen Vertreter eines Arbeitgeberverbands hinzuziehen.

An den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses kann des Weiteren die Schwerbehindertenvertretung teilnehmen.

Nach § 108 Abs. 3 BetrVG haben alle Mitglieder des Wirtschaftsausschusses das Recht, Einsicht in die vom Unternehmer vorzulegenden Unterlagen zu nehmen. Der Unternehmer muss die Unterlagen in den Sitzungen des Wirtschaftsausschusses zur Verfügung stellen.

Der Wirtschaftsausschuss hat den Betriebsrat bzw. Gesamtbetriebsrat nach jeder Sitzung unverzüglich und vollständig über die Sitzung zu berichten (§ 108 Abs. 4 BetrVG). Der Betriebsrat (Gesamtbetriebsrat) soll dadurch ständig über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens informiert sein.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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