Schulungsanspruch des Betriebsrats

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Betriebsräte benötigen für die Ausübung ihres Amtes Rechtskenntnisse in den Bereichen Betriebsverfassungsrecht und Arbeitsrecht. Ohne diese Kenntnisse können sie ihre vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen. Die nötigen Kenntnisse eignen sich Betriebsräte in der Regel durch die Teilnahme an speziellen Seminaren und Schulungen an.

Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Schulungsanspruch von Betriebsräten.

Haben Betriebsräte Anspruch auf Teilnahme an Betriebsrat-Seminaren?

Ja, Betriebsräte haben gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen. Dieser Anspruch ist in § 37 Absatz 6 und 7 BetrVG geregelt.

Welche Arten von Betriebsratsschulungen gibt es?

Das Gesetz unterscheidet nach der Art der vermittelten Kenntnisse zwischen zwei verschiedenen Arten von Schulungen:

  1. „erforderliche“ Schulungen: das sind Schulungen, in denen Kenntnisse vermittelt werden, die für die Betriebsratsarbeit unbedingt erforderlich sind (§ 37 Absatz 6 BetrVG)
  2. „nützliche“ Schulungen: das sind Schulungen, in denen Kenntnisse vermittelt werden, die lediglich im Zusammenhang mit der Betriebsratsarbeit stehen und dafür nützlich sein können (§ 37 Absatz 7 BetrVG)

Wer trägt die Kosten der Schulung?

Die Kosten der Schulung (Seminargebühr, Fahrtkosten usw.) muss der Arbeitgeber tragen, wenn es sich um eine „erforderliche“ Schulung im Sinne des § 37 Absatz 6 BetrVG handelt. Erforderliche Schulungen in diesem Sinne sind z.B. alle Grundlagenschulungen im Betriebsverfassungsrecht und Arbeitsrecht (Betriebsrat 1, Betriebsrat 2 usw. bzw. Arbeitsrecht Teil 1, Arbeitsrecht Teil 2 usw.). Für diese Schulungen muss der Arbeitgeber die Kosten grundsätzlich immer übernehmen.

Bei nur „nützlichen“ Schulungen (37 Absatz 7 BetrVG) muss der Arbeitgeber die Schulungskosten dagegen nicht tragen.

Besteht für die Zeit der Schulungsteilnahme Anspruch auf Bezahlung des Gehalts?

Ja, Betriebsratsmitglieder sind für die Zeit der Schulungsteilnahme bezahlt von der Arbeit freigestellt. Sie haben Anspruch auf das Gehalt, das Sie bekommen hätten, wenn sie nicht an der Schulung teilgenommen hätten. Dieser Anspruch auf Lohnfortzahlung umfasst die gesamte Vergütung. Neben dem Grundgehalt sind auch sämtliche sonstigen Entgeltbestandteile zu zahlen, die das Betriebsratsmitglied erhalten hätte, wenn es gearbeitet hätte. Dazu gehören auch sämtliche Zulagen, Zuschläge, Sonderzahlungen und variable Vergütungsbestandteile.

Hat jedes Betriebsratsmitglied Anspruch auf Teilnahme an Grundlagen-Schulungen?

Ja, grundsätzlich hat jedes einzelne Betriebsratsmitglied Anspruch auf Teilnahme an allen Grundlagenschulungen im Betriebsverfassungsrecht und Arbeitsrecht (Betriebsrat 1, Betriebsrat 2 usw. bzw. Arbeitsrecht Teil 1, Arbeitsrecht Teil 2 usw.). Grund dafür ist, dass jedes Betriebsratsmitglied in der Lage sein muss, die mit seinem Amt verbundenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erfüllen. Dazu benötigt es zwingend Grundwissen im Betriebsverfassungsrecht und im Arbeitsrecht.

Sind Betriebsräte verpflichtet, an Schulungen teilzunehmen?

Betriebsratsmitglieder sind verpflichtet, sich die für die ordnungsgemäße Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Kenntnisse anzueignen. Sie sind deshalb zu der Teilnahme an entsprechenden Schulungsveranstaltungen verpflichtet (siehe Fitting, BetrVG, 28. Aufl. 2016, § 37 Rn. 137). Wenn ein Betriebsratsmitglied die Teilnahme an einer erforderlichen Schulung verweigert, kann dies unter Umständen eine grobe Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten im Sinne des § 23 Absatz 1 BetrVG darstellen. Dies kann zum Ausschluss des Betriebsratsmitglieds aus dem Betriebsrat führen.

Was muss ein Betriebsratsmitglied machen, wenn es an einer Schulung teilnehmen will?

Voraussetzung für eine Kostenübernahme durch den Arbeitgeber und den Anspruch auf Gehaltsfortzahlung ist, dass der Betriebsrat die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an der Schulung zuvor beschlossen hat.

Ein Betriebsratsmitglied, das an einer Schulung teilnehmen möchte, sollte deshalb folgendermaßen vorgehen:

  1. Schulungsveranstaltung aussuchen
  2. Betriebsratsbeschluss über seine Teilnahme an dieser Schulung herbeiführen
  3. Arbeitgeber informieren

Was muss der Betriebsrat bei der Entsendung seiner Mitglieder zu Schulungen beachten?

Die folgenden Punkte muss der Betriebsrat bei der Entsendung eines oder mehrerer Betriebsratsmitglieder zu einer Betriebsratsschulung beachten:

1. Ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss

Die bezahlte Freistellung eines Betriebsratsmitglieds zum Zwecke der Schulungsteilnahme und die Kostenübernahmepflicht durch den Arbeitgeber setzen einen ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss voraus.

Der Beschluss muss beinhalten:

  • die konkrete Schulungsveranstaltung (Bezeichnung, Veranstalter, Datum)
  • die Namen der Betriebsratsmitglieder, die an der Schulung teilnehmen sollen

2. Verhältnismäßigkeit der Kosten

Der Betriebsrat muss darauf achten, dass die durch die Schulungsteilnahme entstehenden Kosten im Rahmen bleiben. Allerdings hat der Betriebsrat hat das Recht, unter verschiedenen Schulungsangeboten die aus seiner Sicht am besten passende Schulung auszuwählen und muss sich nicht für die mit den geringsten Kosten verbundene Veranstaltung entscheiden. Insbesondere kann sich der Betriebsrat auch für einen privaten Schulungsträger entscheiden und muss sich nicht auf eine (eventuell kostengünstigere) Gewerkschaftsschulung verweisen lassen.

3. Zeitpunkt der Schulung

Der Betriebsrat muss bei der Festlegung der zeitlichen Lage einer Schulungsveranstaltung die „betrieblichen Notwendigkeiten“ berücksichtigen. Dabei muss er aber nur auf wirklich dringende Gründe Rücksicht nehmen, die der schulungsbedingten Abwesenheit der Betriebsratsmitglieder zwingend entgegenstehen. Dies wird nur in besonderen Ausnahmesituationen der Fall sein.

4. Arbeitgeber informieren

Der Betriebsrat muss den Arbeitgeber rechtzeitig über die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung informieren.

Kann der Arbeitgeber eine Betriebsratsschulung ablehnen?

Nein, der Arbeitgeber kann eine vom Betriebsrat ordnungsgemäß beschlossene Schulung nicht einfach ablehnen. Insbesondere kann der Arbeitgeber eine Schulung nicht mit der Begründung verweigern, es stehe nur ein bestimmtes Budget für Betriebsratsschulungen zur Verfügung und dieses sei mittlerweile ausgeschöpft.

Was ist, wenn der Arbeitgeber eine Schulung abgelehnt hat?

Wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Schulungsteilnahme vorliegen, darf ein Betriebsratsmitglied die Schulung auch dann besuchen, wenn der Arbeitgeber dies ausdrücklich abgelehnt hat. In diesem Fall besteht allerdings die Gefahr, dass der Arbeitgeber dem Betriebsratsmitglied für die Zeit der Schulung den Lohn nicht zahlen und auch die Übernahme der Schulungskosten verweigern wird. Deshalb sollte die Frage der Schulungsteilnahme mit dem Arbeitgeber möglichst vorab geklärt werden.

Gelingt dies nicht einvernehmlich, kann sich der Betriebsrat an einen spezialisierten Rechtsanwalt wenden. Die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren wären grundsätzlich vom Arbeitgeber zu übernehmen.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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