Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Überstunden und Minusstunden (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG)

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Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat bei der „vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit“ mitzubestimmen. Mit der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit ist die Kurzarbeit angesprochen, mit der vorübergehenden Verlängerung der Arbeitszeit sind Überstunden gemeint. Unter der betriebsüblichen Arbeitszeit ist der von den Arbeitnehmern vertraglich geschuldete Umfang der Arbeitszeit zu verstehen (z.B. 40 Stunden pro Woche). Wird dieser Arbeitszeitumfang unter- oder überschritten, liegen Kurzarbeit bzw. Überstunden im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vor.

Hintergrund des Mitbestimmungsrechts ist, dass die mit der Einführung von Kurzarbeit und der Leistung von Überstunden verbundenen Belastungen und Vorteile angemessen auf die Arbeitnehmer verteilt werden sollen. Mit der Einführung von Kurzarbeit gehen zumeist nur Belastungen in Form von Lohneinbußen für die Arbeitnehmer einher. Das Ableisten von Überstanden kann die Arbeitnehmer durch die zusätzlich zu leistende Arbeit einerseits belasten, andererseits kann es aber auch einen Vorteil darstellen, da die Arbeitnehmer einen zusätzlichen Verdienst erzielen können.

Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG besteht unabhängig von der Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer. Der Betriebsrat hat grundsätzlich auch dann mitzubestimmen, wenn nur ein einzelner Arbeitnehmer Überstunden leisten soll.

Auch in Eilfällen ist vom Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG einzuholen. Nur in echten Notfällen (z.B. Brand, Überschwemmung) kann der Arbeitgeber berechtigt sein, auch ohne Zustimmung des Betriebsrats Überstunden anzuordnen.

Überstunden

Hinsichtlich der Leistung von Überstunden hat der Betriebsrat darüber mitzuentscheiden,

  • ob Überstanden geleistet werden,
  • in welchem Umfang Überstunden geleistet werden und
  • welche Arbeitnehmer Überstunden leisten.

Der Betriebsrat hat auch dann mitzubestimmen, wenn Arbeitnehmer freiwillig Überstunden leisten, die der Arbeitgeber gar nicht angeordnet hat, sondern die er lediglich „duldet“.

Kurzarbeit

Bei der vorübergehenden Verkürzung der Arbeitszeit (Kurzarbeit) bestimmt der Betriebsrat bei folgenden Fragen mit:

  • ob Kurzarbeit eingeführt wird
  • in welchem Umfang die Arbeit ausfallen soll (z.B. einzelne Stunden, Tage oder Wochen)
  • wie die ausfallende Arbeitszeit verteilt werden soll
  • ob die Kurzarbeit vorzeitig beendet werden soll

Das Mitbestimmungsrecht besteht unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nach dem SGB III vorliegen.

Wie bei allen Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 BetrVG hat der Betriebsrat auch im Falle des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein Initiativrecht.

Werden ohne Zustimmung des Betriebsrats Überstunden oder Kurzarbeit geleistet, hat der Betriebsrat gegen den Arbeitgeber einen Unterlassungsanspruch, den er im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren – ggf. auch mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung – durchsetzen kann.

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Autor: Dr. jur Henning Kluge

Dr. Henning Kluge ist Rechtsanwalt und Fachwanwalt für Arbeitsrecht. Er berät und unterstützt Betriebsräte bei rechtlichen Fragen und bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber.

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